Bürger*innenbeteiligung

Wie können Bürger*innen und Einwohner*innen auf politische Entscheidungen Einfluss nehmen, ohne sich einer Partei oder Wählergruppe anzuschließen?

Direkte Beteiligungsmöglichkeiten? Derer gibt es viele. Wer auf der Suche nach Möglichkeiten ist, als Bürger oder Einwohner Einfluss auf kommunalpolitische Entscheidungen zu nehmen, hat laut Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen (GO-NRW) folgende Möglichkeiten: Einwohnerfragestunde, Anregungen und Beschwerden (§ 24 GO NRW), Einwohnerantrag (§ 25 GO NRW) und Bürgerbegehren/ Bürgerentscheid (§ 26 GO NRW).

Die Einwohner*innenfragestunde

Auch wenn in Deutschland die repräsentative Demokratie herrscht: Es gibt für Bürger*innen und Einwohner*innen die Möglichkeit, ihre Fragen dem Rat direkt vorzutragen: bei der Einwohnerfragestunde. Bedingungen: Die Anfragen müssen sich auf Angelegenheiten der Stadt beziehen. Und: Sie müssen fünf Tage vor der Sitzung - in dringenden Fällen drei - der Verwaltung mündlich oder schriftlich vorgelegt werden.

Wer wissen möchte, wann eine Sitzung ist: Die Tagesordnung der Ratssitzung wird zehn Tage vorher im Amtsblatt veröffentlicht. Das kann man kostenlos per E-Mail erhalten (E-Mail an info@toenisvorst.de), sich kostenlos in den Verwaltungsgebäuden abholen oder aber gegen Zustellungsgebühr (Jahresabo 21 Euro) schicken lassen.

Ablauf der Einwohner*innenfragestunde?

In der Regel verliest der Bürgermeister die zuvor eingereichte Anfrage. Der Fragesteller kann zwei Zusatzfragen stellen. Können die nicht beantwortet werden, wird das Ganze schriftlich nachgereicht. Manchmal kann eine Anfrage so spezifisch sein, dass sie an einen Fachausschuss geht. Dann übernimmt der/die Ausschussvorsitzende die Beantwortung. Ein Schritt weiter geht ein Antrag nach § 24 GO NRW.

Anregungen und Beschwerden (§ 24 GO NRW)

Wie funktioniert der § 24 GO NRW?

Sie möchten eine Anregung oder Beschwerde dem Stadtrat vortragen? Diese Möglichkeit eröffnet Ihnen der § 24 GO NRW. Konkret heißt es: „Jeder hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Anregungen oder Beschwerden in Angelegenheiten der Gemeinde an den Rat zu wenden.“ Hiermit ist es möglich, eine Abstimmung in einer bestimmten Angelegenheit herbeizuführen. Der Rat kann die Erledigung von Anregungen und Beschwerden einem seiner Fachausschüsse übertragen. Dieser oder ein Ausschuss muss dazu Stellung nehmen. Der Antragsteller ist über die Stellungnahme zu den Anregungen und Beschwerden zu unterrichten.

Darf jeder einen Antrag nach § 24 GO NRW stellen?

„Jeder“ heißt, dass wirklich jeder dieses Instrument der direkten Demokratie nutzen darf: Man muss weder Bürger*in (Bürger*in ist im Sinne des Kommunalrechts jede*r Einwohner*in einer Gemeinde, der nach dem entsprechenden Kommunalwahlrecht aktiv wahlberechtigt ist) noch Einwohner*in sein, braucht dafür weder die deutsche Staatsangehörigkeit noch muss man dafür in Tönisvorst wohnen. Lediglich so genannte „juristische Personen des privaten oder öffentlichen Rechts“, wie zum Beispiel ein Verein, eine Firma oder aber Kirchen und Gemeinden, sind nicht antragsberechtigt.

Welche Voraussetzungen muss der Antrag erfüllen?

Die Eingaben müssen Anregungen oder Beschwerden sein und in den Aufgabenbereich der Gemeinde fallen. Und sie müssen schriftlich eingereicht werden.

Wer den exakten Wortlaut des Paragrafen wissen möchte, kommt hier zur  Gemeindeordnung NRW

Wem der § 24 GO NRW nicht reicht, der kann einen Einwohner*innenantrag nach § 25 GO NRW stellen.

Einwohner*innenantrag (§ 25 GO NRW)

Was ist ein Einwohner*innenantrag?

Wenn wir mit Hilfe des § 24 GO NRW wollten, dass der Rat sich mit einer konkreten Anregung oder Beschwerde unsererseits auseinandersetzt, wollen wir jetzt, dass  der  Rat über eine bestimmte Angelegenheit berät und entscheidet. Klar, dass es sich dabei um eine Sache handeln muss, für die der Rat zuständig ist.

Wer kann einen Einwohner*innenantrag stellen?

Im Unterschied zu § 24 GO NRW kann eine Einwohnerantrag nach § 25 GO NRW nur von einer Einwohnerin oder einem Einwohner gestellt werden, der seit mindestens drei Monaten in der Gemeinde wohnt und das 14. Lebensjahr vollendet hat.

Welche Voraussetzungen müssen darüber hinaus erfüllt sein?

  • Der Antrag setzt in einer Stadt der Größe Tönisvorsts voraus, dass fünf Prozent der Einwohner*innen ihn unterschrieben haben. Das sind bei aktuell rund 30 500 Einwohnern rund 1500 Unterschriften, höchstens 4000. Die aktuelle Einwohner*innenzahl kann man beim Bürgerservice (+492151999158) erfragen.
  • Der Antrag muss schriftlich eingereicht werden und ein bestimmtes Begehren sowie Begründung enthalten.
  • Es sind bis zu drei Personen zu benennen, die berechtigt sind, den/die Antragsteller*in zu vertreten.
  • Jede Liste mit Unterzeichnungen muss den vollen Wortlaut des Antrags enthalten. Neben dem eigentlichen Begehren muss die Vertreterangabe und die Begründung auf jeder Liste vorhanden sein.
  • Achtung Lesbarkeit: So sind Eintragungen ungültig, welche die Person des Unterzeichnenden nach Namen, Vornamen, Geburtsdatum und Anschrift nicht zweifelsfrei erkennen lassen.
  • In den letzten zwölf Monaten darf kein Antrag in derselben Angelegenheit gestellt worden sein.
  • Der Rat hat vier Monate Zeit, die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des Antrages festzustellen. Sollte der Antrag zulässig sein, muss er binnen dieser vier Monate zudem über den Antrag entscheiden.
  • Stellt der Rat die Unzulässigkeit des Einwohner*innenantrages fest, ist dieses Ergebnis den im Antrag benannten Vertretern mitzuteilen. Diese Mitteilung ist ein Verwaltungsakt, gegen den Widerspruch und Verpflichtungsklage erhoben werden kann.

Bürger*innenbegehren und Bürger*innenentscheid (§ 26 GO NRW)

Die Bürger*in wollen anstelle des Stadtrates entscheiden

Wenn die Bürger*innen anstelle des Rates entscheiden wollen - also direkte Demokratie praktizieren -, können sie dies tun: Mittels Bürger*innenbegehren und Bürger*innenentscheid: „Die Bürgerinnen und Bürger können beantragen (Bürger*innenbegehren), dass sie an Stelle des Rates über eine Angelegenheit der Gemeinde selbst entscheiden (Bürger*innenentscheid)“. Das Bürger*innenbegehren muss von mindestens zehn Prozent der Bürger*innen unterzeichnet sein. Ausreichend sind in Tönisvorst aktuell rund 3100 Unterschriften. Die aktuelle Einwohnerzahl kann man beim Bürgerservice (+492151999158) erfragen.

Welche Voraussetzungen – zum Beispiel formale – muss ein Bürger*innenbegehren erfüllen, um erfolgreich zu sein?

  • Antragsteller eines Bürger*innenbegehrens können alle Bürger*innen der Gemeinde sein.
  • Das Bürger*innenbegehren muss schriftlich eingereicht werden.
  • Man muss den Antrag begründen.
  • Man braucht einen Kostendeckungsvorschlag für die Maßnahme, die man ergreifen will. Und dieser Kostendeckungsvorschlag muss nach den gesetzlichen Bestimmungen realistisch durchführbar sein. Der Kostendeckungsvorschlag ist Bestandteil des Bürger*innenbegehrens und Voraussetzung für dessen Zulässigkeit. Soweit die Maßnahme nicht nur einmalig, sondern Folgekosten verursacht, sind eine bezifferte Prognose und ein Vorschlag zur Deckung notwendig. Der Kostendeckungsvorschlag entfällt nur dann, wenn keine Kosten entstehen oder sogar Kosten eingespart werden.
  • Der Antrag muss auf eine Frage hinauslaufen, die mit „Ja“ oder „Nein“ zu beantworten ist.
  • Wie beim Einwohner*innenantrag sind bis zu drei Personen zu benennen, die die Antragsteller*in im Verfahren vertreten.
  • Jede Liste mit Unterzeichnungen muss den Wortlaut des Antrages enthalten. Auf jeder Liste sind nicht nur das eigentliche Begehren (Antrag im engeren Sinne), sondern auch dessen Begründung sowie die Vertreter*innenbenennung aufzuführen.
  • Richtet sich das Bürger*innenbegehren gegen einen Ratsbeschluss, so sind bestimmte Fristen zu beachten: Sechs Wochen bei einem Beschluss, der der Bekanntmachung bedarf, ansonsten drei Monate, beginnend mit dem Sitzungstag, an dem der Beschluss gefasst wurde.

Das Bürger*innenbegehren, das sich gegen einen Ratsbeschluss des Rates wendet, hat keine aufschiebende Wirkung. Das heißt, dass Einreichen eines Bürger*innenbegehrens den Ratsbeschluss nicht außer Kraft setzt, bis in Sachen Bürger*innenbegehren eine Entscheidung gefallen ist.

Wie geht es weiter, wenn das Bürger*innenbegehren für zulässig erklärt worden ist?

Sobald das Bürger*innenbegehren für zulässig erklärt worden ist, stehen zwei Wege offen:

Dem Bürger*innenbegehren wird entsprochen. Das Verfahren ist zum Abschluss gelangt.
Der Rat entspricht dem Bürger*innenbegehren nicht. Es ist ein Bürger*innenentscheid innerhalb von drei Monaten durchzuführen.

Welche Entscheidungen kann man mit Bürger*innenbegehren nicht herbeiführen?

Ein Bürger*innenbegehren ist unzulässig über

die innere Organisation der Gemeindeverwaltung,
die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Rates und der Ausschüsse sowie der Bediensteten der Gemeinde (wie zum Beispiel Arbeitsverträge oder Aufwandsentschädigungen für Politiker*innen),
die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe sowie die kommunalen Abgaben und die privatrechtlichen Entgelte,
die Jahresrechnung der Gemeinde und den Jahresabschluss der Eigenbetriebe,
Angelegenheiten, die im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens oder eines förmlichen Verwaltungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung oder eines abfallrechtlichen, immissionsschutzrechtlichen, wasserrechtlichen oder vergleichbaren Zulassungsverfahrens zu entscheiden sind,
die Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bauleitplänen,
Entscheidungen über Rechtsbehelfe und Rechtsstreitigkeiten,
Angelegenheiten, für die der Rat keine gesetzliche Zuständigkeit hat,
Anträge, die ein gesetzwidriges Ziel verfolgen oder gegen die guten Sitten verstoßen,
Angelegenheiten, über die innerhalb der letzten zwei Jahren bereits ein Bürger*innenentscheid durchgeführt worden ist.
Wer  den  exakten Wortlaut des Paragrafen lesen möchte: hier geht es zur Gemeindeordnung NRW

Ratsbürger*innenentscheid (§ 26 Absatz 1 Satz 2 GO NRW)

Was ist eigentlich ein Ratsbürger*innenentscheid?

In manchen Fällen kann der Rat das Zepter auch aus der Hand geben: mit Hilfe des Ratsbürger*innenentscheides.

Der Rat kann mit Zweidrittelmehrheit beschließen, dass an seiner Stelle die Bürgerinnen und Bürger in einer bestimmten Angelegenheit eine Entscheidung treffen.

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